Liveticker: Ratssitzung vom 17. Dezember 2012

Eine Woche vor Weihnachten geht es auch im Rat der Stadt ums Thema “Geld ausgeben”: Der Haushalt steht auf dem Programm.

Nein, ihr Vorname ist nicht “Kassandra”: Silke Meyn schildert die finanzielle Situation der Stadt. FOTO: bl

Nein, ihr Vorname ist nicht “Kassandra”: Silke Meyn schildert die finanzielle Situation der Stadt. FOTO: bl

(Wie immer von unten nach oben zu lesen.)

23:08 Damit endet der öffentliche Teil der Ratssitzung. Wir halten fest: Die “Bettensteuer” hat sich noch einmal über die Ziellinie geschleppt, aber wir glauben nicht,  zum letzten Mal mit dem Thema zu tun gehabt zu haben. Der Haushalt ist beschlossen, die damit verbundenen Haushaltsdebatten werden allgemein überschätzt – und die Zukunft ist düster und die Bahnumgehung dringend erforderlich, das ceterum censeo der Oldenurger Politik. Damit verabschieden wir uns bis zur nächsten Sitzung im Februar. Gut’s Nächtle!

23:04 Michael Rosenkranz (CDU) merkt zu der von Bischoff ins Spiel gebrachten Vereinfachung an, dass er als Hotelgast auf die Frage des Hoteliers, ob die Übernachtung privater oder beruflicher Natur sei, antworten würde: “Das geht Sie einen Scheißdreck an.” Er wird bald Gelegenheit haben, diesen Spruch anzubringen, denn für den CDU-Antrag zur Abschaffung stimmen nur CDU/BfO, FDP/FW und NPD – das sind zu wenig, die Steuer bleibt erhalten. Der SPD-Antrag zur Beibehaltung nebst Gesprächen mit den Gastronomen geht mit entsprechender Mehrheit durch.

22:59 Man könnte das Ganze auch viel unbürokratischer handhaben, sagt Bischoff; in Bad Zwischenahn funktioniere das mit der Kurtaxe doch auch ganz einfach. Die Stadt möge sich diesbezüglich mit den Hoteliers mal zusammensetzen und bei dieser Gelegenheit auch mal über einen neuen Namen für die Steuer nachdenken. “Bettensteuer” ist schließlich mittlerweile ein Reizwort, und bei dem Wort “Beherbergnugssteuer” vertippt man sich immer mindestens einmal – q.e.d.

22:57 Wie berichtet und vom CDU-Ratsherren Hans-Georg Heß noch einmal vorgetragen, möchten CDU und BfO die Steuer abschaffen, weil sie sie für rechtlich nicht haltbar ansehen. Auch Schwartz ist dafür – nicht nur, weil man als FDP-Politiker generell kein großer Freund von neuen Steuern ist, sondern aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken. Bischoff richtet eine Frage an die “Anti-Bettensteuer-Allianz: Wie oft wollt ihr diesen Antrag denn noch stellen? Wird das nicht langweilig?”

22:54 Der letzte TOP: Die CDU/BfO hat einen Beschlussvorschlag eingereicht, in dem es heißt: “Die Satzung der Stadt Oldenburg (Oldb.) zur Erhebung einer Beherbergungssteuer wird aufgehoben.” Die SPD hat einen Änderungsantrag vorgelegt, in dem es heißt: “Die Satzung der Stadt (Oldb.) zur Erhebung einer Beherbergungssteuer wird nicht aufgehoben.” Na, das nennen wir doch mal eine Änderung.

22:52 Die heftigsten Wortgefechte im Oldenburger Rat liefern sich traditionell die – eigentlich verbündeten – SPD und Grünen, und so wirft auch Bischoff den Grünen vor, die Anwohner der Bestandsstrecke “als Geiseln zu nehmen”. Dennoch wird die Einrichtung eines solchen Gremiums bei 17 Gegenstimmen (SPD, FDP/FW, NPD) und drei Enthaltungen beschlossen.

22:44 Baudezernentin Nießen findet die Idee eines solchen Gremiums – wie auch immer es heißen würde – gar nicht schlecht: Als Verwaltung brauche man Hinweise, wie vorzugehen sei, und da sei eine solche Gruppe sicher hilfreich. Kurt Bernhard (Grüne) äußert sich zu der Frage des “Beirats” nicht weiter, sondern wirft lieber Krogmann unverblümt vor, eigentlich gar nicht für die Umgehung zu sein.

22:33 Krogmann wirft Adler vor, hier im Rat immer “den großen Max” zu machen, sich im Landtag aber nie zum Thema “Bahn” zu äußern. “Stimmt doch gar nicht”, entgegnet Adler. “Ich sehe Sie in den entsprechenden Gremien nie”, setzt Krogmann nach; “Dann dürfen sie nicht immer weglaufen”, kontert Adler. Falls irgendwer es nicht wissen sollte: Krogmann und Adler sind Landtagsabgeordnete, demnächst wird der Landtag gewählt – noch Fragen?

22:26 Kurze Geschichtsstunde mit Sebastian Beer, der Schwartz ein Buch über Hildegard Hamm-Brücher schenken möchte, “eine der letzten aufrechten Liberalen”, die als eine von wenigen FDP-Abgeordneten damals gegen das Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt gestimmt habe. Was das mit der Oldenburger Bahnproblematik zu tun hat? Hmm – vielleicht solle Schwartz ein bisschen mehr so sein wie Hamm-Brücher? Während wir uns darüber Gedanken machen, verpassen wir fast einen zentralen Teil von Beers Redebeitrag: Wenn man zuviel Öffentlichkeit habe, so Beer, spiele man bloß den Gegnern in die Hände. Interessante Sichtweise, zumal für diese Partei.

22:22 Adler geht als erstes Ratsmitglied dieser Ratsperiode direkt auf Eigenfeld ein und setzt den NPD-Mann davon in Kenntnis, dass die einzige Antwort, die dieser auf seine Ausführungen verdient habe, demnächst vom Verfassungsgericht komme. Ach ja, die Bahn: Ohne die Öffentlichkeit einzubeziehen werde es nicht gelingen, die Entscheidungsträger im Bund zu überzeugen.

22:20 Manfred Drieling (BfO) sagt, dass eine Bahnumgehung nötig sei. Nur damit das nochmal klar ist: Eine Bahnumgehung ist nötig. Eine Bahnumgehung ist nötig. Eine Bahnumgehung ist nötig. Eine Bahnumgehung ist nötig. Eine …

22:13 Schwartz hält es für einen beispiellosen Vorgang, dass es sich die Stadt als Oberzentrum mit so ziemlich allen Nachbarn überwirft, und zweifelt daran, dass das mit mehr Pressearbeit zu kitten sei. Die Diskussion verliert etwas an Schwung, als Eigenfeld das Wort ergreift und die Hälfte der Ratsmitglieder ihre Stühle verläßt. Die Proteste sind noch leiser als zuvor, weshalb man dummerweise viel von Eigenfelds Äußerungen mitbekommt. Zum Beispiel, dass er dem OB “propagandistische Maßnahmen” vorwirft. Immerhin, ein Lacher.

22:06 Gesine Multhaupt (SPD) wirft Klaukien vor, mit seiner Vorstellung einer Projektgruppe die Öffentlichkeit ausschließen zu wollen, und wiederholt die Zweifel ihrer Fraktion an der Vorstellung, dass die Umgehung derzeit außerhalb von Oldenburg – also in Hannover und Berlin – ein großes Thema sei.

21:58 Frühauf appelliert an alle, die Kräfte nicht gegeneinander abzunutzen. CDU-Fraktionschef Olaf Klaukien stellt den CDU/BfO-Antrag vor, der in weiten Teilen ähnlich klingt wie der der Grünen – hier heißt das zu bildende Gremium “Projektgruppe”.

21:55 Der Grünen-Antrag befasst sich mit der Umsetzung des Ratsbeschlusses vom 26. November bezüglich der Forderung nach einer Bahnumgehung. Es müsse “aufhören, dass wir uns anpöbeln, anrempeln und niedermachen”, sagt Frühauf im Hinblick auf die Streitereien nicht nur innerhalb der Stadt, sondern vor allem auch jenen mit den Nachbargemeinden und -landkreisen. Dazu solle ein “Projektbeirat” eingerichtet werden, bestehend aus OB, Pressesprecher und Vertretern der Fraktionen, deren Aufgabe nicht zuletzt die Verbesserung der Kommunikation sein soll. Außerdem sollen laut Antrag “gesellschaftlich relevante Einflussnehmer der Region (z.B. Universität, FH, IHK, Naturschutzverbände, Haus und Grund, Stadtplaner/innen, Makler/innen u.a.) aktiv in den Realisierungsprozess” eingebunden werden. Komisch – wir waren uns bislang nicht im Klaren darüber, dass Makler gesellschaftlich relevant seien.

21:48 Steigen wir zum Wiedererlangen der Betriebstemperatur mit ein paar Bebauungsplänen ein, die wie üblich durchgewunken werden, und kommen zu den Anträgen der Fraktionen – und damit zum eigentlich spannenden Teil. Es gibt drei Anträge und ein paar Tischvorlagen, los geht es mit der Bahnproblematik – und wer ist geeigneter, das Thema anzumoderieren, als Grünen-Ratsherr Armin Frühauf.

Breite Mehrheit für den Haushalt. FOTO: bl

Breite Mehrheit für den Haushalt. FOTO: bl

21:18 Damit hätten wir, nach doch eher müde wirkender Debatte, den Punkt der Abstimmung über den Haushalt. Die einzelnen Haushaltspläne unter den TOPs 8.8.1 bis 8.8.7 werden der Reihe nach abgenickt, zumeist einstimmig. Der Haushaltsplan 2013  wird gegen die Stimmen von Linken/Piraten, FDP/FW und NPD angenommen. Damit begeben wir uns in die Pause, die ganz offensichtlich von vielen sehnlichst erwartet wurde – der Saal ist innerhalb von zehn Sekunden so gut wie leer.

21:11 Jetzt doch ein paar “Nazis raus!”-Rufe von der Tribüne, aber der NPD-Mann ist lauter. SPD, Grüne, Linke und diesmal auch die Hälfte der CDU-Fraktion verlassen ihre Plätze und holen sich Kaffee. Eigenfeld hätte gerne einen Muckefuck, bekommt aber keinen.

21:08 Auch Jonas-Christopher Höpken (Linke) findet den Umgang von SPD und Grünen mit der Gedenktafel doof. Sebastian Beer (Grüne) verteidigt sich: Man wolle die Tafel nicht streichen, sondern nur einen möglichst hohen Teil des Betrags durch Sponsoren getragen wissen. Während Beer sich über Adlers Ausführungen echauffiert, drehen wir am Spannungsregler: Eigenfeld hat sich zu Wort gemeldet, und zwar in einem Moment, als es um die Gedenktafel ging.

21:00 Immer noch erstaunlich wenig Weihnachtsfloskeln. Dafür aber Schmusestimmung. Hätten wir das unten angedachte Trinkspiel daran geknüpft, dass immer dann, wenn heute am Rednerpult irgendwer irgendjemand anderem seinen Dank ausdrückt, angestoßen werden müsste, wäre die Ratssitzung für nicht wenige Leser wohl schon vorbei.

20:56 SPD-Ratsherr Jürgen Krogmann spricht lieber über die Grundschule Staakenweg, kritisiert die mangelnde Kooperationsbereitschaft der Verwaltung und bezeichnet die pauschale Kürzung, mit der SPD und Grüne den Ausbau gegenfinanzieren wollen, als “erzieherische Maßnahme”. Und wenn das nichts nützt, muss der OB beim nächsten Mal mit Eselsmütze in der Ecke sitzen.

20:53 FDP-Ratsherr Hans-Richard Schwartz erwähnt, dass die FDP/FW-Gruppe eigene Vorschläge in den Haushalt hatte einbringen wollen – “leider ohne Erfolg”. “Ausgesprochen peinlich und stillos” nennt Schwartz den Umgang mit dem Plan zur Aufstellung einer Erinnerungstafel an die jüdischen Opfer der NS-Herrschaft. Bei deren Kosten, die mit 50.000 Euro veranschlagt sind, hatten SPD und Grüne den Vermerk angebracht, dass diese Kosten zunächst geprüft werden sollen – und das “bei so einem Thema”, sagt Schwartz. Dem Haushalt werden FDP und FW, also alle beide, nicht zustimmen.

20:44 Adler erinnert hinsichtlich der Einnahmenentwicklung daran, wer der größte Gewerbesteuerzahler in der Stadt ist: die EWE. “Bei denen sind unternehmerische Fehlentscheidungen einzukalkulieren”, sagt der Linke-Fraktionschef, man müsse den Konzern “im Auge behalten”. Den rot-grünen Entwurf nennt er “halbherzig und kurzsichtig” – so hätte man doch lieber Sozialtarife für den Öffentlichen Nahverkehr einführen können, statt zusätzliche Stellen in der Fraktionsarbeit zu schaffen. Die Kürzungen beim Filmfest und der Umgang mit Werkstattfilm seien “kleingeistig”. “Ooooh”, schallt es von den rot-grünen Sitzen zurück.

20:38 Michael Rosenkranz (CDU) spricht und sieht aus, als ob er angesichts der zahlreichen nebenher laufenden Gespräche in den Reihen von SPD und Grünen gleich den Rohrstock auspacken würde. Zumindest kriegen sie alle einen Eintrag ins Klassenbuch. Einige Punkte der rot-grünen Änderungsliste findet er nicht so gelungen, kündigt aber die Unterstützung der CDU/BfO-Gruppe an, und sei es nur, um vor der Kommunalaufsicht Einigkeit zu demonstrieren. Dafür bekommt er auch von SPD und Grünen Applaus. Alle haben sich wieder lieb. Muss wohl mit Weihnachten zusammenhängen.

20:30 Schilling macht Bischoff Mut: “Ihre Zeit war noch gar nicht abgelaufen.” Bischoff: “Das freut mich zu hören.” Davon abgesehen konstatieren wir an diesem Abend eine gewisse Disziplinlosigkeit bei allen Beteiligten der heutigen Ratssitzung, zumindest eine laxe Grundhaltung. Naja, aber wohl verzeihlich, so vier Tage vor dem Weltuntergang.

20:25 Grünen-Sprecherin Alexandra Reith macht da weiter, wo Meyn aufgehört hat: 167 Millionen Schulden habe die Stadt, steigende Ausgaben in den kommenden Jahren, alles nicht so rosig. Und bis 2016 würden die Schulden gar auf 230 Millionen steigen – “Ausweg leider nicht in Sicht.” Zu diesen Ausführungen hätten wir die passende Illustration.

20:17 Nachdem Bischoff Schwandner noch einen in Bezug auf die Mehrkosten für das Schlaue Haus mit auf den Weg gegeben hat – “Bin ich froh, das ich diesen Wahnsinn verhindert habe” – streichelt er die geschundene Seele des Oberbürgermeisters gleich wieder mit dem Hinweis, dass die SPD die Idee mit der Stiftungsprofessur für die European Medical School eigentlich ganz gut finde. “Meine Zeit ist abgelaufen”, beendet Bischoff seinen Redebeitrag und bringt damit auch mal die CDU zum Lachen.

20:14 SPD-Fraktionschef Bernd Bischoff stellt klar, dass es nicht Aufgabe des Rats sei, “die Finanzdezernentin glücklich zu machen”. Sondern die Oldenburger im Allgemeinen und die hungrigen Schüler der IGS Kreyenbrück im Besonderen. Und die der Schule Staakenweg vor allem – “Es kann doch nicht sein, dass die Verwaltung sagt: Das kriegen wir nicht hin!” Naja, theoretisch denkbar ist das schon, dass sie das sagt. Auch praktisch, wie Meyn soeben bewiesen hat.

20:10 Uiuiui, Conty nimmt das B-Wort in den Mund. Also “Bahnproblematik”. Als SPD-Mitglied erfordert das zurzeit einen gewissen Mut – aber Conty kann heute erstaunlicherweise offen die baldigen Realisierungschancen einer Bahnumgehung anzweifeln, ohne sofort niedergebrüllt zu werden. Nicht nur die Alhambra-Fraktion fehlt, auch die Bahnlärmaktivisten sind offenbar nicht da. Wo stecken die denn bloß alle?

20:07 Margrit Conty (SPD) weist darauf hin, dass der rot-grüne Haushalt im Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen bereits durchgegangen ist, gibt aber dennoch ihrer Hoffnung Ausdruck, dass er im Rat eine “breite Mehrheit” finde. Macht sich wohl einfach besser. Außerdem wären dann nicht nur SPD und Grüne die Buhmänner.

20:01 Den rot-grünen Vorschlag, einfach mehr städtische Grundstücke zu verkaufen, findet Meyn dufte. Das heißt, sie fände ihn dufte, wenn es denn genügend Grundstücke gäbe: “Gibt es aber nicht.” Sprach’s und geht ab. Die stellvertretende Ratsvorsitzende Rita Schilling beschwört schnell die “schöne Weihnachtsstimmung”, bevor der halbe Rat angesichts der Ausführungen Meyns in unheilbare Depressionen versinkt.

19:57 Bei der Haushaltsgenehmigung liege die Stadt mit sieben Millionen über dem Limit, “in Zukunft sicher mehr”, sagt Meyn; und langsam fängt die Sache mit dem nahen Weltuntergang an, so richtig sympathisch zu klingen. Man müsse sich bei jeder Investition fragen: “Muss das sein? Geht es nicht auch eine Nummer kleiner?” Vielleicht sollte man zu diesen Fragen ein Kompetenzteam aus Studenten und Erwerbslosen einberufen: Die fragen sich das auch, und zwar täglich.

19:51 Zum Thema Inklusion führt Meyn an, dass für die zunächst geplanten Umbaumaßnahmen an einigen Schulen drei Millionen Euro fällig werden, wahrscheinlich sogar mehr; für alle 49 Schulen sollen grob geschätzt 13 Millionen Euro anfallen. Zum Thema BBS III sagt Meyn, dass sich ein Neubau “finanziell nicht darstellen” lasse – das erwähnen wir vor allem deshalb, weil wir dem Leser zu dieser Wortwahl einen lesenswerten taz-Artikel ans Herz legen möchten.

19:45 Unterbrechen wir Meyns Rezitation von Zahlenkolonnen für den kurzen Hinweis, dass der Verwaltungsentwurf für den Haushalt hier nachzulesen ist. Die Änderungsliste von SPD und Grünen können Sie im Lokalteil nachlesen. Auch Meyn lässt im Übrigen die Gelegenheit nicht ungenutzt, die Politik in Bund und Land zu kritisieren.

19:43 Erstmals seit 1995 sei der Haushalt ausgeglichen. Für investive Maßnahmen seien aber neue Schulden von 58 Millionen Euro aufgelaufen – das ist “irrsinnig viel Geld”, die Investitionsschulden steigen schneller, als die Liquiditätskredite abgebaut werden können. Nun kramen einige Ratsmitglieder, Tränen in den Augen, kleine Nachbildungen des Mayakalenders hervor und richten lautlose Stoßgebete an welchen Gott auch immer.

19:40 Finanzdezernentin Silke Meyn versaut ein wenig die Stimmung, indem sie einleitend darauf hinweist, dass man über den Haushalt jenes Jahres befinde, das den “Höhepunkt der europäischen Staatenkrise” darstelle. Das Defizit von 13 Millionen Euro aus dem Jahr 2012 habe durch Konsolidierungsmaßnahmen auf 10,8 Millionen gedrückt werden und durch Steuermehreinnahmen eventuell sogar ausgeglichen worden sein können. Es sei aber ohnehin ein neues Defizit von 17 Millionen aufgelaufen, außerdem Altschulden von 40 Millionen – “Tendenz steigend”. Erste Ratsmitglieder holen in ihrer Verzweiflung Stricke und Schlaftabletten aus ihren Aktentaschen.

19:34 Nach eineinviertel Stunden bringt Schwandner endlich den ersten Weihnachtsspruch dieser Ratssitzung: “Wir sind ja in besinnlicher Stimmung.” Prost!

19:33 Langsam, peu à peu, nähern wir uns den strittigen Punkten des Haushalts. Schwandner bekennt sich zum Erhalt der städtischen Stiftungsprofessur an der European Medical School: “Das ist ja keine Professur, sondern Wirtschaftsförderung.” Kann man so oder so sehen. Die Grünen sehen’s anders.

19:32 “Die Bahnproblematik erwähne ich hier nur und vertiefe sie nicht – das machen wir ja später sowieso.” Niemand würde dagegen wetten.

19:30 Oldenburg gelte als “eine der glücklichsten Städte Deutschlands”, erreicht Schwandner den Höhepunkt seiner Regierungserklärung und nimmt Bezug zur Wirtschaftswoche-Studie zur dynamischen Entwicklung der 50 größten deutschen Städte. Musste ja soweit kommen – so oft, wie bis zu diesem Zeitpunkt der Begriff “dynamisch” gefallen ist. Wer wissen möchte, was es mit der erwähnten Studie auf sich hat: Wir haben uns die mal näher angeschaut.

19:23 Schwandner nimmt zum Haushaltsentwurf der Verwaltung Stellung: Es sei eine gewisse Dynamik in der Einnahmensituation auszumachen, allerdings gebe es keinen Grund zum Jubeln. Die Entwicklung sehe eher düster aus, sowohl im Bund als auch in Europa; die Namen Griechenland, Portugal und Spanien fallen geradezu unausweichlich. Eine Konsolidierung der Finanzen sei geboten. Was die Tarifforderung nach 6,5 Prozent mehr Lohn für die Verwaltungseschäftigten angeht, stimme er dem zu – bis auf den Teil mit den 6,5 Prozent freilich.

19:15 Nun aber! Punkt 8.8, der *trommelwirbel* Haushalt der Stadt Oldenburg für das Jahr 2013. Da fliegt dem Pressesprecher Andreas van Hooven doch glatt ein Blatt vom Tisch. Aus Dankbarkeit für die mittlerweile zwei Schokoherzchen und weil es Spaß macht, die lokale Gerüchteküche mit Gemunkel über allzu enge Kungelei der Presse mit den Mächtigen der Stadt anzuheizen, hebt der Lokalteiltickerer es auf.

19:13 Der Rat galoppiert durch die nächsten Tagesordnungspunkte, und wir nutzen die Gelegenheit, die Tagesordnung auch endlich mal zu verlinken. Hätten wir fast vergessen.

19:11 Auch Jens Ilse von den Linken kritisiert das Verhalten der Verwaltung im Hinblick auf die IGS Kreyenbrück. Baudezernentin Gabriele Nießen weist darauf hin, dass sich die Abstimmungen zwischen Verwaltung und Schulen “bis in den November hineingezogen worden” seien. Auch brauche die Bauplanung ihre Zeit, weshalb ein Baubeginn 2015 realistischer sei – daran ändere sich auch nichts, wenn man das Geld dafür früher in den Haushalt einstelle. Applaus bekommt sie dafür nicht. Doch, ein zaghaftes Tischklopfen von Schwandner.

19:03 Jens Freymuth (SPD) geißelt die miserable Schulpolitik der CDU im Allgemeinen und meint, im Falle der IGS Kreyenbrück wirke es so, als ob sich Ministerpräsident David McAllister selbst an den Planungen versucht habe. Gestöhne aus der CDU-Fraktion. Hatten wir schon erwähnt, dass wir mitten im Landtagswahlkampf stecken? Ja, auch im Oldenburger Rat. Aber Freymuth kommt zurück auf das Thema: Zurzeit müssten Schüler im Drei-Schichten-Betrieb essen: “Das ist doch kein Bergbaubetrieb. Das ist eine Schule.” Der Bau müsse Mitte 2013 beginnen, und übrigens: “Wählen Sie SPD, dann klappt das schon.” Worum ging es doch gleich? Ach ja, um Schulkinder. Oder doch eher um die Stimmen ihrer Eltern?

18:54 Schwandner: Es sei nunmal leider so, dass die Planungen mehrfach geändert werden mussten. Die neue Mensa würde 2015 fertig sein, und sooo furchtbar beengt sei es zurzeit in der provisorischen Mensa ja nun auch wieder nicht. Kaufmann macht von seinem Recht auf eine Nachfrage Gebrauch, ohne allerdings eine Nachfrage zu stellen. “Haben Sie noch eine Frage?”, will Ellberg nach mehrminütigen Ausführungen des Fragestellers wissen. “Äh, ja. Stimmen Sie meinen Ausführungen zu?”

18:51 Ulfert Kaufmann wählt eine andere Fragestrategie und erklärt zunächst, worauf er überhaupt hinaus will, und wird von Ellberg in Schutz genommen, als nach ein paar Minuten aus Reihen der SPD gefordert wird, endlich mal mit der Frage rüberzukommen. Es geht ihm, also Kaufmann, um den Bau der Mensa an der IGS Kreyenbrück, genauer gesagt, um die Verzögerungen dabei. Und während wir das alles schreiben, warten wir weiterhin auf die eigentliche Frage. Langsam drückt auch Ellberg auf die Tube. Die Fragen, kurz zusammengefasst: Wann es endlich was mit dem Mensabau werde und  wie es eigentlich mit der Kooperationsbereitschaft der Verwaltung im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes aussehe. Letzteres klingt ein wenig angefressen, offenbar lief die bisherige Kommunikation nicht so gut.

18:44 Ah, jetzt erklärt sich die Kurzform der Frage: Sie war nur als Vorspann gedacht zu einer umfassenden Liste des Ungemachs, das der Stiftung widerfahre und die Stegemann nun verliest. Ob die Verwaltung behaupten wolle, dass der Stiftung kein Schaden entstanden sei? Das sei keine Frage, befindet Ellberg und meint es auch so.

18:42 Die zweite Einwohnerfrage dürfte die kürzeste der vergangenen paar Jahre sein: Ludger Stegemann möchte wissen, ob Finanzdezernentin Silke Meyn vom Rat als Verwalterin der Klävemann-Stiftung bestellt worden sei. Die Antwort Schwandners ist auch nicht länger: Nein, sie ist es von Amts wegen.

18:35 Kurt Bernhardt (Grüne) findet, dass man vielleicht nicht mehr so furchtbar viele Einfamilienhäuser bauen müsse, Linke-Fraktionschef Hans-Henning Adler findet die Wohnungssituation insgesamt “unerträglich”, Jürgen Krogmann (SPD) macht Wahlkampf und weist darauf hin, dass das Land Niedersachsen mal wieder komplett versagt habe.

18:32 Und damit sind wir auch schon bei der ersten Einwohnerfrage. Hans-Günther Zemke möchte – kurz zusammengefasst – wissen, wieviele Neubauwohnungen in näherer Zukunft entstehen sollen beziehungsweise geplant sind. Während Oberbürgermeister Gerd Schwandner schätzt, dass bis 2025 5.900 Wohnungen benötigt werden – 3.000 davon in Form von Neubauten – zählen wir mal schnell die Kopfstärke der angetretenen Antifa-Aktivisten durch. Eins … äh, das war’s offenbar auch schon. Zumindest was die offensichtliche Zugehörigkeit anbelangt. Rote Haare und so.

18:25 Ein historischer Moment: Erstmals versteht man, was NPD-Mann Ulrich Eigenfeld, der irgendeine Anmerkung zum Protokoll macht, sagt. Von den Rängen kommt nix. Wo ist denn die Antifa? Zu kalt draußen? Zu naß? Keinen Bock mehr?

18:22 Los geht’s. Der Ratsvorsitzende Bernhard Ellberg (SPD) beginnt schnörkellos mit der Feststellung der Beschlussfähigkeit. Bislang kein Lebkuchengeruch wahrnehmbar.

18:17 Wenn allerdings angesichts des Haushaltsthemas nebst den damit verbundenen Einschnitten und Kürzungen irgendein Ratsmitglied den Satz “Morgen, Kinder, wird’s was geben” anbringen sollte, dann kommen wir wohl um Schnaps nicht herum, fürchten wir.

18:10 Vom Pressebüro gibt es Schokoherzen, und irgendwoher riecht es nach Fruchtgummis. Fällt das jetzt unter Journalistenbestechung? Was soll’s. S’ist ja die Zeit kalorienreicher Gaben. Ein wenig schade ist es, dass wir mangels Public Viewing kein Floskelbingo spielen können, daher schlagen wir als Alternative ein Trinkspiel vor (muss ja nicht mit Alkohol sein, geht auch mit Spekulatius): Jedesmal, wenn in einem Redebeitrag eine Anspielung auf Weihnachten fällt, ist ein Kurzer fällig. Oder worauf Sie auch immer Lust haben oder meinen, brauchen zu müssen, um die folgenden Stunden durchzustehen.

Die ganze Sache von oben betrachtet. FOTO: Beate Lama

Die ganze Sache von oben betrachtet. FOTO: Beate Lama

17:55 Willkommen zum adventlich-besinnlich-gemütlich-heimeligen Lokalteilratssitzungsliveticker. Es ist die Zeit vor Weihnachten, in der überall viel Geld ausgegeben wird; oft sogar mehr, als man sich leisten kann oder sollte. Warum soll das in einer Stadt auch anders laufen? Passend zur Jahreszeit verteilt CDU-Ratsherr Hans-Georg Heß gebrannte Mandeln.