Marinus, du warst es nicht

Die Premiere vor 79 Jahren verpasst? Macht nichts, Sie erhalten noch einmal die Chance, den „Reichstag in Flammen“ zu sehen, diesmal sogar in Oldenburg: Unter diesem traditionsreichen Motto marschiert am 11. Februar die „Internationale Musikparade“ mit neun Orchesterdivisionen ein und plant die Besetzung der strategisch wichtigen Weser-Ems-Halle.

Immer wieder spektakulär: Der Reichstag in Flammen. BILD: National Archives

Immer wieder spektakulär: Der Reichstag in Flammen. BILD: National Archives

Nach dem großen Erfolg der Auftaktveranstaltung im Februar 1933 geht die spektakuläre Show auf Tournee – und bietet in der Gauhauptstadt „ein dreistündiges Spektakel mit zahlreichen Pyro-Effekten welche den Berliner Reichstag in Flammen erscheinen lassen“, wie es der Veranstalter, das Reichshauptamt für germanisches Kulturgut und Rentnerbespaßung, in einer gleichgeschalteten Pressemitteilung formuliert.

Lassen Sie sich von Europas schneidigsten Militärpfeifen und Wochenschau-Fanfarenzügen ordentlich den Marsch blasen und lauschen Sie, im Gleichschunkel mit ihren Kameraden in Reih und Glied, beliebten Olivgreens wie dem Radetzky-Marsch, den Yorckschen Marsch, den Von-der-Tann-Marsch und, zu vorgerückter Stellung, „Die Fahne hoch“ und dem „Horst-Wessel-Lied“. Das genaue Programm entnehmen Sie bitte der zwölfseitigen, eigens für diese Tournee gedruckten Brandverordnung, die Sie im Foyer erwerben können.

Anschließend begleiten Sie die Musikpioniere in den farbenprächtigen feldgrauen, braunen und schwarzen Uniformen blitzartig zum gemeinsamen Fackelzug durch das Brand…, ähm, Haarentor, bevor Sie – auf dem absoluten Höhepunkt der Schau – Zeuge werden, wie der Reichstag, diese olle bolschewistische Quasselbude, unter Einsatz modernster Pyrotechnik und Brandbeschleuniger spektakulär in Flammen aufgeht – noch schöner, noch bunter, noch dramatischer als bei der Premiere! Ein Bürger unserer niederländischen Partnerstadt wird freundlicherweise den Part des Feuerwerkers übernehmen und anschließend, untermalt von sanften Klängen der Hermann-Göring-Gedächtniskapelle, zum Abschluss die beliebte Reichstagsbrandhymne „Feurio!“ von den Einstürzenden Neubauten intonieren, bevor um 22 Uhr die feierliche Verdunkelung der Fenster und Türen einsetzt.

Nutzen Sie diese einmalige Gelegenheit, einer musikalischen Offensive ohnegleichen und zugleich der Neuauflage eines historischen Großereignisses erster Klasse beizuwohnen. Denn heute trompeten wir in Oldenburg und morgen in… öh, Aschaffenburg.

______________________

Nein, im Ernst: Normalerweise halten wir im Oldenburger Lokalteil nichts davon, Pressemitteilungen 1:1 wiederzugeben. In diesem Fall machen wir aber, weil’s so schön ist, gerne eine Ausnahme – dass dieses Exemplar auch noch ausgerechnet am 30. Januar ins Haus geflattert ist, nehmen wir als Sahnehäubchen:

reichstagsbrand pm