T.C. Boyle: The Inner Circle

the_inner_circle.largeZum ersten Mal einen Boyle auf englisch gelesen. Lag auch ein bisschen am deutschen Titel von “The Inner Circle”: Hier heißt der Roman “Dr. Sex”. Und wer möchte schon gerne in ein solcherart betiteltes Werk vertieft in der Regionalbahn gesehen werden?

Dabei geht es gar nicht um Schmuddelkram. Das heißt: doch, schon, aber eben um die wissenschaftliche Seite. Genauer gesagt: Um den Biologen Alfred Kinsey, der mit Forschungen zum Sexualverhalten der Menschen Ende der 40er-, Anfang der 50er-Jahre die Grundlagen für das gelegt hat, was später als Sexuelle Revolution bezeichnet wurde. Die Tabubrüche, die er mit seinem Team in diesen stockreaktionären Zeiten beging, lassen sich kaum zählen. Das verspricht eine spannende Lektüre – aber dieses Versprechen wird, was mich betrifft, nur in begrenztem Maße eingelöst. Im Vordergrund stehen weniger die gesellschaftlichen Spannungsfelder, Konflikte und Brüche, sondern weit mehr die zwischenmenschlichen, festgemacht an einem fiktiven Mitarbeiter aus Kinseys Team. Letztlich ist “The Inner Circle” im Wesentlichen, neben der Erzählung einer wenig glücklichen Ehe und eines merkwürdigen Jobs, eine Charakterstudie des forschungsbesessenen Kontrollfreaks Kinsey, der auch überaus starken Einfluss auf das Privatleben seiner Kollegen nimmt.

Das ist, wie man es von Boyle erwarten darf, handwerklich auch durchaus gelungen – aber gefesselt hat es mich nicht unbedingt. Mir fehlten die Ideen, die Verwicklungen und die Absurditäten, die Romane wie “World’s End” oder “Drop City” zu jenen einzigartigen Leseerfahrungen machten, die sie nun einmal sind. Aber vielleicht muss man Boyle auch mal zugestehen, statt eines weiteren Meisterwerks einfach nur ein normales Buch mit einer normalen Handlung vorzulegen.

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